Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger

Herr Schneider und sein Team haben uns wider Erwarten einen außerordentlich guten Haushalt für das kommende Jahr vorgelegt. Herzlichen Dank dafür.

Trotz weiterhin hoher Corona-Inzidenzen in diesem Jahr und damit verbundenem Lockdown konnte die letztjährige Prognose für dieses und die kommenden Jahre in positiver Hinsicht verändert werden. Dies war so nicht zu erwarten. Für das kommende Jahr wird mit ca.157 Millionen Euro Erträgen aus Steuern geplant. Davon sind 95 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen. Das bedeutet, dass fast zwei Drittel der Einnahmen auf der Gewerbesteuer beruhen. Leider verteilen sich aber die hohen Gewerbesteuereinnahmen auf wenige stark zahlende Unternehmen. Daher müssen wir ein wachsames Auge auf die Gewerbesteuer haben und können nicht blind in die Zukunft planen. Eigentlich könnten wir auf der Basis der Einnahmen von einem soliden Haushalt 2022 ausgehen. Doch ein Wermutstropfen senkt die Freude.  Allein die Kreisumlage, Gewerbesteuerumlage und der Finanzausgleich schränken die rosigen Einnahmen umgehend wieder ein. Dadurch laufen wir im Bereich des ordentlichen Ergebnisses in ein Defizit von knapp 21 Millionen Euro. Wir werden unseren Sparstrumpf zur Bewältigung anstehender Investitionen um ca. 81 Millionen Euro erleichtern. Weitere unvorhergesehene Ausgaben durch die Corona- und neuer Flüchtlingskrise sind im kommenden Haushalt noch nicht eingerechnet. Und trotzdem: Für die weiteren Jahre wird sich bei den geplanten Investitionsmaßnahmen eine signifikante Steigerung der Verschuldung ergeben.  Wir müssen daher unseren Ergebnishaushalt in ruhigeres Fahrwasser manövrieren.

Nachdem der Gemeinderat mehrheitlich den Kompass zur strategischen Ressourcenplanung nicht umsetzen wollte, ist mit der daraufhin gegründeten Strategiekommission der gordische Knoten geplatzt. Wir sind sehr froh, dass jetzt der Grundsatzbeschluss zur städtischen Ressourcenplanung beschlossen wurde. In der Strategiekommission sollen städtische Ressourcen strategisch eingesetzt werden. Insbesondere werden wir uns anhand der Fortschreibung des Stadtleitbildes BB 2035 Ziele setzen. Für die Punkte, die hier ganz oben auf der Liste stehen, werden wir auch das meiste Geld einplanen. Wir hoffen, dadurch den Haushalt in den kommenden Jahren in den Griff zu bekommen. Dies wird uns äußerste Disziplin abverlangen, aber unsere Fraktion steht klar zu diesem Grundsatzbeschluss.

Auch in diesem Haushalt kommen wir an einem neuen Stellenzuwachs nicht vorbei. Obwohl wir uns streng daranhalten wollen, keine neuen Stellen zu schaffen, sind wir gezwungen Pflichtaufgaben zu erfüllen. Wir tragen den Stellenplan mit, obwohl uns die Personalausgaben mit etwa 54 Millionen Euro ein weinendes Auge bereiten. Deshalb gehen wir davon aus, dass die neu geschaffene Organisationseinheit städtische Digitalstrategie einen Mehrwert für den Stellenplan bringt. Mit der Umsetzung der Vorgaben des Online-Zugangs-Gesetzes sehen wir auf Dauer eine Arbeitserleichterung in den einzelnen Ämtern. Dadurch können auf die Zukunft gesehen mit Sicherheit Stellen wegfallen, so dass diese Organisationseinheit ein erster Schritt in die richtige Richtung ist. Wir werden hier auf jeden Fall ein kritisches Auge im Sinne des Stellenabbaus weiterverfolgen.

Einige wichtige Entscheidungen wollen wir aber im kommenden Haushalt maßgeblich voranbringen:

Große und wichtige Bauprojekte von jeweils über einer halben Million sollen von der neu eingeführten Baukommission auf den Weg gebracht werden. Über Jahre wurde von der Verwaltung der Sanierungsstau in städtischen Gebäuden, insbesondere den Schulen und Kita-Einrichtungen, nicht weiterverfolgt. Unzählige Listen, Ampellisten, Anträge wurden erstellt. Hinter dem verpflichtenden Brandschutz wurde der Gemeinderat mit mahnenden Worten ruhiggestellt. Der Sanierungsstau an den Schulen und Kita-Einrichtungen nahm seinen Lauf. Jetzt ist es eigentlich schon 5 nach zwölf. Unser politisches Ziel liegt im Bildungswesen. Wir wollen eine schnelle planerische Umsetzung der in der Baukommission gelisteten maroden Schul- und Kita Einrichtungen. Wir fordern allerdings auch, kleinere Sanierungsmaßnahmen im Schul- und Kita Bereich nicht aufzuschieben, sondern schnellstens zu bearbeiten. Im Schulneubau im Stockbrünnele werden zwei Schulen nach neuesten pädagogischen und nach Klimaschutz-Konzepten in einem Gebäude untergebracht. Dies ist zwar eine sehr hohe Investition mit über 50 Millionen Euro, doch es ist eine Investition in unsere Kinder und damit in unsere Zukunft. Wir Freien Wähler setzen uns dafür ein, dass Sanierungen in diesem Bereich konsequent weiter umgesetzt werden. Dies gilt für Böblingen und Dagersheim gleichermaßen.

Den Grundsatzbeschluss zur Bebauung des Schlossberges tragen wir außerdem mit. Einen neuen Standort für die Musik- und Kunstschule zu finden, das war der Auftrag, den der Gemeinderat durch einen interfraktionellen Antrag der Verwaltung gegeben hat. Als Lösung wurde nun ein Neubau in exponierter Lage auf dem Schlossberg vorgeschlagen. Die Paul-Lechler-Grundschule vorab vorübergehend im Schlossberg-Neubau unterzubringen, halten wir für einen genialen Schachzug. Insbesondere jungen Menschen ein schulisches Zuhause am Schlossberg zu schaffen, ist unserer Meinung die richtige Lösung.  Natürlich müssen die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Bebauung gegeben sein und die Baukosten müssen sich im Rahmen halten. Daher erwarten wir zunächst im Jahr 2022 genaue Planungs- und Baukosten zur Schlossbergbebauung.

Beide Bauprojekte werden unseren Haushalt in den nächsten Jahren mit knapp 100 Millionen Euro belasten. Dennoch stehen wir uneingeschränkt hinter diesen politisch brisanten Entscheidungen.

Die Erweiterung in der Kita Breslauer Straße sehen wir als einen weiteren Baustein zur Lösung im U 3 Bereich.

Auch wenn die finanziellen Belastungen in den nächsten Jahren hoch sind, darf die Kultur als ein wichtiger Baustein zur Stadtidentifikation nicht vergessen werden und die Weiterentwicklung der Museumskonzeption muss fortgesetzt werden.

Wir unterstützen den Erweiterungsvertrag des Hermann-Hollerith-Zentrums und hoffen auf eine weitere erfolgreiche Umsetzung der Studiengänge im Bereich Digital Business Engineering. Leider hat sich das Land BW gegen das Künstliche Intelligenz Konsortium Stuttgart entschieden. KI ist jedoch eins der maßgeblichen Zukunftsthemen. Deshalb begrüßen wir eine erste positive Nachricht aus dem Regionalparlament zur Förderung der KI. Wir hoffen, dass sich das Konsortium Stuttgart zum Aufbau der KI in unserer Region entschließt. Fest steht: Böblingen darf als Standort im KI-Business nicht abgehängt werden. Mit dem Ai Xpress Start im ehemaligen Eisenmann Areal und der geplanten Erweiterung Maker Space Xpress haben wir zudem vielversprechende Ansätze in Böblingen.

Erfreulich stimmt uns der bauliche Grundsatzbeschluss für die Murkenbachbrücke. Wir hoffen, dass die Erneuerung am alten Standort nicht an zu hohen Kosten scheitert. Dies wäre der Bürgerschaft nicht mehr vermittelbar und eine politische Katastrophe.

Auch im kommenden Jahr müssen wir mit verschiedenen Baustellenabschnitten in Böblingen und Dagersheim rechnen. Zusätzlich wird der bereits begonnene Autobahnausbau auf unsere städtischen Straßen mit Einschränkungen behaftet sein. Wir bitten die Verwaltung, regelmäßig und rechtzeitig die Bürgerschaft zu Straßensperrungen über das Internet, Amtsblatt usw. zu informieren. Wir fordern die Verwaltung auf dafür zu sorgen, dass die Baufirmen Straßensperrungen nach Abschluss der Arbeiten ohne Verzögerung wieder für den Verkehr frei geben.

Lassen Sie mich nochmal zusammenfassen:

  1. Mit der Strategiekommission haben wir endlich einen Weg im Gemeinderat zur städtischen Ressourcenplanung gefunden. Diesen müssen wir mit dem Stadtleitbild 2035 in Einklang bringen. Damit werden in Zukunft die Schwerpunkte im städtischen Haushalt planbarer sein.
  2. In der Bildung wollen wir mit der Baukom die erforderlichen Weichen im Schul- und Kitabau voranbringen.
  3. Auch weitere öffentliche Gebäude müssen nach und nach instandgesetzt werden.
  4. Mit der Digitalstrategie sollen in der Zukunft Erleichterungen in der Verwaltung und daraus resultierend ein Stellenabbau möglich sein.
  5. Böblingen soll als Bildungsstandort weiter gefestigt werden und im Bereich KI eine landesweit führende Rolle einnehmen.

Unser Fazit: Böblingen ist für die kommenden Jahre handlungsfähig und gut gerüstet. Vielen Dank an die Verwaltung.

Wir wünschen allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr, hoffentlich ohne Corona. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Frank Hinner für die FW Fraktion